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Die ältesten Zentren der Domestikation liegen zweifellos in den fruchtbaren Flussebenen Asiens: Mesopotamien, Zentralasien mit dem Oxus-Tal (Trans-Oxanien), dem Indus-Tal und Süd-China, aber natürlich auch in den Ursprungsgebieten der Mittel- und Südamerikanischen Kulturen.

In Mesopotamien und Zentralasien sind vor 8-10 000 Jahren die ersten Ziegen, Schafe und Rinder gezüchtet worden. Sie waren zuerst nur Fleischlieferanten, die Rinder aber bald schon Arbeitstiere, Jahrtausende bevor ihre Milch dem Menschen als Nahrung diente.

Nur dank der Arbeitskraft der Ochsen am Pflug konnte sich eine produktivere Ackerbaukultur aus dem jungsteinzeitlichen Hackbau entwickeln. Diese Umwälzung hat die Entstehung der bekannten Ur-Zivilisationen dieser Gebiete, welche die Menschheitsgeschichte geprägt haben, ermöglicht.

Hunde als Wächter, Unratverzehrer und Jagdgefährten des Menschen hat es schon sehr viel früher bei den Jäger- und Sammler-Kulturen gegeben, aber erst mit der Viehzucht sind logischerweise die Hirtenhunde entstanden.

ALLES DEUTET DARAUF HIN DASS IRGENDWO ZWISCHEN MESOPOTAMIEN UND DEM OXUS-TAL VOR CA. 10 000 JAHREN EIN SCHWERER HUNDE-URTYP MIT BREITER, MASSIVER SCHNAUZE ENTSTANDEN IST, WÄHREND IN EUROPA SEHR FRÜH HUNDE VOM SPITZTYP, GANZ UNTERSCHIEDLICHER GRÖSSE, MIT DER TYPISCH SPITZ ZULAUFENDEN SCHNAUZE, WEIT VERBREITET WAREN.

GESCHICHTE DES ZENTRALASIATISCHEN HIRTENHUNDES

Über die Frühgeschichte der Entwicklung der Hunderassen gibt es viele Theorien, aber wenig Gewissheiten.

Von der in Europa ursprünglich dominierenden These, dass alle grossen Hirtenhunderassen vom Tibetischen "Do Khyi" abstammen, ist man inzwischen weitgehend abgekommen. Auch die Relevanz der herkömmlichen archäologischen Klassifizierung der Ur-Hunde (von Th. Studer), die auf wenigen Funden von Knochenbruchstücken beruht, wird neuerdings angezweifelt.

Es bestehen heute zwei widersprüchliche wissenschaftliche Ansätze über die Entwicklung der Haustierrassen. Beide gehen von über den ganzen Erdball verteilten Diversifikationszentren aus, in denen Nutztiere (und Pflanzen) aus Wildformen domestiziert worden sind. Beide stützen sich auf modernste Gen-Analysen (Nature 410, Seite 1088).

Der eine Standpunkt behauptet aber, dass jeder Grundtyp (z.B. Ziegen, Schafe, Rinder) nur in einem Zentrum entstanden ist und sich von dort aus verbreitet hat, während der andere meint, dass an mehreren Orten, mehr oder weniger gleichzeitig, ähnliche Tiere aus den gleichen Wildformen (z.B. das Rind aus dem Auerochsen) entwickelt worden sind. Eine entsprechende Diskussion gibt es ja auch über die Entstehungsgeschichte des Menschen.

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Die Ein-Zentrum-These unterstützt die Theorie vom Ursprung der ältesten Hirtenkulturen und dieses breitschnauzigen Hirtenhunde-Typs aus dem Norden des biblischen Zweistromlands, dem heutigen irakischen Kurdistan, von wo sie auch die Herkunft aller Hausrinder weltweit ableitet. Was die Hunde betrifft dürften die bekannten babylonischen Hundereliefs dabei eine Rolle spielen (sie sind "nur" ca. 3000 Jahre alt).

Ins Gewicht fällt dabei sicher auch, dass Mesopotamien archäologisch wesentlich besser erforscht ist als das für westliche Archäologen in der neueren Geschichte erheblich unzugänglichere, oder von ihnen auch schlicht ignorierte Oxustal. Aktuelle Ausgrabungen zeigen, dass diese Region bis anhin unterschätzt wurde und sehr früh eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Tierzucht gespielt hat.

Es bleibt vorderhand offen ob diese ältesten Hirtenhunde einen gemeinsamen Ursprung haben, oder aus zwei unterschiedlichen Domestikationsprozessen im Sog zweier entstehender Hirtenkulturen geschaffen worden sind. Auch welche Region den Anfang gemacht hat dürfteweiterhin diskutiert werden.

ALS EINIGERMASSEN GESICHERT KANN MAN BEIM JETZIGEN STAND DER ERKENNTNISSE NUR ANSEHEN, DASS ZWISCHEN DEN DIVERSIFIKATIONSZENTREN VORDER- UND ZENTRALASIENS DIE ÄLTESTEN HIRTENKULTUREN MITSAMT HUNDEN ENTSTANDEN SIND UND DASS SIE UNTEREINANDER, ZUMINDEST INDIREKT, IN KONTAKT STANDEN UND SICH BEEINFLUSST HABEN.

In beiden Fällen könnten die aus diesen Kulturen entstandenen Ur-Hirtenhunde später durch die enorme Ausbreitung des Grosspersischen Reichs (vom Pamirgebirge bis zum Mittelmeer) verbreitet worden sein. Die seefahrenden Phönizier haben sie dann möglicherweise in den Rest der damals schon erstaunlich grossen Welt gebracht. Somit hätten sie auch die Grundlage für die Entwicklung der darauf noch von den Römern auch in Europa weiter verbreiteten Molossern gebildet.

Schwer zugängliche, unwirtliche Gegenden, wie das Tibetische Hochland, sind sicher später als z.B. das Oxustal besiedelt worden; wohl erst als die Hirten von den aufstrebenden Ackerbauern aus den fruchtbarsten Gebieten vertrieben wurden. Aus geschichtlichen Gründen (Marco Polo) hat der Westen aber zuerst und am ausführlichsten vom Tibetischen Hirtenhund Kenntnis genommen.

Dass die Hirtenhunde der weiteren zentralasiatischen Region und bis nach Europa miteinander verwandt sind ist schon durch ihre äussere Ähnlichkeit offensichtlich. Umso mehr gilt dies natürlich für die unmittelbar benachbarten Rassen. Auch hier gibt es aber widersprüchliche Theorien, z.B. die These, dass die verschiedenen Berghunde der Alpen ganz unabhängig von äusseren Einflüssen entstanden seien.

Immer haben jedoch die menschlichen Migrationen eine hervorragende Rolle gespielt. Die Völkerwanderungen, Eroberungszüge, Handelsbeziehungen und die nomadisierenden Hirten haben die Genetik der Menschen und ihrer Haustiere von Urzeiten an aufgemischt.

Diesen unterschiedlichen Ursprüngen (seien es jetzt Ur- oder Zwischenformen), die sich dann immer wieder miteinander vermischt haben, verdanken wir die grossartige Vielfältigkeit der Haustierrassen, ganz besonders der Hunde, die darin wohl Rekordhalter sind. Da die historischen Migrationsbewegungen in dieser Weltgegend hauptsächlich von Osten nach Westen gingen, scheint es nahe liegend, dass die östlichere Kultur die ältere ist. Nicht nur die europäischen Urstämme, sondern auch die Turkvölker sind dieser Richtung gefolgt und haben somit ihre Hunde auch auf dem Landwege verbreiten können.

In Anbetracht der vielen Jahrtausende welche diese Ur-Hirtenhunde durchquert haben, werden wir aber wohl nie alle die offenen Fragen über ihren Ursprung endgültig beantworten können: Für die aktuelle Situation Ausschlag gebend ist jedoch vor allem, wo diese Hunde bis heute in ihrer ursprünglichsten Form erhalten geblieben sind.

In diesem, an historischen Umwälzungen reichen Teil Asiens konnte das offensichtlich nur in den unzugänglichsten, abgeschiedensten Regionen der Fall sein, in die sich die alten Hirtenvölker zurückgezogen haben, respektive zurückgedrängt worden sind.

Diese Definition trifft nun besonders auf die wilden und öden Berggebiete des Pamirs und des Hindukuschs, nahe des Oberlaufs des Oxus-Flusses, oder eben auch Tibets zu.

In Tibet ist in den letzten Jahrzehnten, unter anderem durch die Hundefeindlichkeit der chinesischen Besatzer (ausser zum Verzehr), leider die Zahl der Tiere und ihre Qualität erschreckend zurückgegangen.

Einen Sonderfall bilden die Ebenen Turkmenistans, die durch die schleichende Ausweitung der Karakum-Wüste, die vor 4000 Jahren begann, von einem fruchtbaren, von Handelsstrassen durchzogenen, bevölkerungsreichen Land, zu einer isolierten, nur von wenigen Nomaden bewohnten, kargen Insel wurde.

Erst in neuerer Zeit wurde dieses Gebiet durch moderne Verkehrsmittel wieder erschlossen, wodurch die dortigen Hunde nach langer Isolation auch wieder vermehrt Einkreuzungen und kommerzieller Zucht ausgesetzt worden sind und heute bereits mehrheitlich an den schon wiederholt erwähnten Zivilisationskrankheiten leiden.

SOMIT BLEIBEN DIE AUCH HEUTE NOCH, HAUPTSÄCHLICH AUS POLITISCHEN GRÜNDEN, FAST UNZUGÄNGLICHEN BERGGEBIETE DES SÜDLICHEN PAMIRS UND DES HINDUKUSCHS DIE WEITGEHEND LETZTEN FESTUNGEN EINER JAHRTAUSENDE ALTEN TRADITION VON UR-HUNDEN, DEREN KÖRPERLICHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT, WESEN UND ÜBERLEBENSPOTENTIAL NOCH GANZ DURCH DIE HARTEN LEBENSBEDINGUNGEN IHRER UMWELT GEFORMT WORDEN SIND.

Das einzigartige an diesen Hunden ist ihre Entwicklungsgeschichte. Einerseits wurden sie über Jahrhunderte von negativen Fremdeinflüssen bewahrt, andererseits haben die intakten züchterischen Kenntnisse der Kultur die sie geschaffen hat, aber auch die schiere Grösse ihrer Heimat und der nomadisierende Lebensstil ihrer Besitzer, sie vor den Inzuchtschäden bewahrt, welche so manche andere Rasse zugrunde gerichtet haben.

Natürlich gibt es Restbestände alter Hirtenhunderassen auch In anderen Weltgegenden (besonders in den Ländern die sich heute Kurdistan aufteilen), aber nirgendwo sind sie noch so nahe beim Ursprung und gleichzeitig mit einer genetisch relevanten Population vertreten wie in Badakhshan und, soweit sie die Kriegswirren überlebt haben, im restlichen Afghanistan. Dieser Bestand schwindet aber auch dort dramatisch.

Im Südosten Turkmenistans verlässt der Oberlauf des Oxus (Amu Darya) die letzten Ausläufer des Hindu-Kuschs um die Wüste Karakum zu durchqueren. In der Hitze des Sommers trocknet er stark aus.

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